Corona Folgen: Überforderung und Unproduktivität sind ok
Fühlst du dich auch unter Druck gesetzt „das Beste und Meiste“ aus dem Lockdown machen zu müssen? Lass einfach los….
Auch in meiner Praxis in Rösrath sehe ich mich dem Thema „Corona Folgen“ immer häufiger ausgesetzt.
Wir machen aktuell das Beste aus unserer Situation. Obwohl die schrecklichen Umstände unseren Alltag ordentlich durcheinander bringen, könnten wir Limonade aus den Zitronen machen. Wir können den Keller aufräumen, uns um die längst überfällige Steuer kümmern und auch noch die Fotobücher erstellen, was wir uns schon seit Monaten vornehmen. Oder vielleicht auch endlich das Buch lesen, was schon lange auf dem Nachttisch liegt und und und…
Es ist schon paradox – Ein wirklich schreckliches Ereignis überschattet nicht nur unser eigenes Zuhause sondern die ganze Welt! Viele Menschen sind krank oder verstorben. Eine Vielzahl, uns selbst und uns nahestehende Personen einbezogen, haben ihren Job verloren und leiden an Existenzängsten. So viele Menschen leben in stetiger Angst vor der Pandemie und den Konsequenzen daraus.
Lerne die simplen Dinge im Leben zu schätzen
Als nun das Leben, so wie wir es kannten, endete und wir uns vor den drastischen Einschränkungen durch die Pandemie wiederfanden, wunderten sich viele über die Zeit, die jetzt blieb für die kleinen, simplen Dinge des Lebens. Viele fanden die Zeit und die Freude an täglichen Spaziergängen – natürlich mit entsprechendem Abstand.
Wir entdecken täglich Innovationen der Fern-Kommunikation ganz neu. Wären wir früher darauf gekommen mit uns nahestehenden Personen einen Abend vor dem PC zu verbringen, um mit ihnen einen Wein zu trinken oder gar zusammen zu essen? Wir haben mehr Zeit für wirklich tiefgründige Gespräche mit Menschen für die wir so lange keine Zeit hatten. Vielen Menschen wird auf einmal deutlich was wirklich wichtig ist im Leben. Auf einmal schätzen wir Dinge die sonst selbstverständlich waren. Das alles sind gute Dinge – natürlich!
Der Corona Alltag
Nun da die Neuigkeiten nicht mehr neu sind und wir uns auch an die Einschränkungen durch Corona gewöhnt haben, scheinen sich die Möglichkeiten in Druck zu verwandeln. Jetzt wo viele von uns ihren Aktionsradius nur noch hauptsächlich auf die eigenen vier Wände beschränken können, MÜSSEN wir wichtige Dinge tun, MÜSSEN uns Unterhaltsames ausdenken oder kreativ sein. Wir MÜSSEN die Extra-Zeit nutzen. Dinge die liegen geblieben sind abarbeiten, für die sonst keine Zeit war. Endlich wieder die Malsachen aus dem Keller holen – ach den Keller ausmisten, vielleicht endlich auch mal den Kleiderschrank, ein Buch schreiben, mal wieder neu dekorieren …. Auf keinen Fall dürfen wir durch das Geschenk der Beschränkungen Zeit verschwenden. Wir müssen das Beste aus all dem machen. Und am besten sollte es auch noch perfekt präsentabel auf Instagram und Co wirken.
Auch wenn wir das Beste aus den Umständen machen, nicht stehen bleiben sondern immer weiter gehen, müssen wir uns selbst erlauben zu trauern. Angst zu haben. Unsere Emotionen zu spüren und auszuhalten. Dinge zu verlangsamen. Tatsächlich 5 Schritte kürzer treten, wenn es sein muss (und wir bereit dazu sind).
Nichts ist schlecht daran produktiv oder kreativ zu sein. Es kann sogar auf konstruktive Weise helfen mit den belastenden Ereignissen umzugehen. ABER: wir müssen uns selbst auch erlauben in diesen besonderen Zeiten nicht absolut wundervoll zu sein. Unsere Welt hat so eine Katastrophe seit einem Jahrhundert nicht mehr erlebt. Es ist riesig, es ist einnehmend, es hat alles verändert. Darum ist es ok, wenn nicht sogar absolut angemessen, nicht ok zu sein.
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Nicht perfekt sein wollen
Manche Menschen fühlen sich schlecht, faul, nicht gut genug, weil sie nicht jeden Moment in dieser Ausnahmesituation effektiv nutzen. Weil sie die Anpassung an diese Situation und die Einschränkungen schwierig und beängstigend finden. Auch wenn zwischen den täglichen Hiobsbotschaften auch immer wieder gute Nachrichten kommen, bleiben die Bilder aus Italien und China und die damit verbundenen Emotionen doch immer präsent.
Und dann die massiven Auswirkungen auf die Wirtschaft, die wir aktuell sicher noch gar nicht absehen können. Es ist alles viel – ZU VIEL!
Wenn du all die Energie aufbringen kannst, um diese Zeit zu nutzen, perfekt. Solltest du aber mit all den Einschränkungen, den Emotionen und Konsequenzen der Pandemie zu kämpfen haben, dich depressiv fühlen und einsam, ist das normal! Du musst nicht in einer absoluten Ausnahmesituation auch noch das lang vor dir hergeschobene Buch schreiben oder den Keller aufräumen oder dir kreative Dinge für die Kinder ausdenken
Held des Alltags
Auch ich wäre lieber immer die „Heldin des Alltags“, diejenige die aus den Umständen heraus über sich selbst hinauswächst und anderen hilft. Wir brauchen diese „Helden“ – absolut. Auch ich als Mutter erlebe diesen Druck.
Aber manchmal müssen wir uns selbst auch erlauben in dieser Situation gefangen zu sein. Zu betrauern, was alles passiert und nicht zu wissen was als Nächstes kommt. Unordentlich zu sein. Dinge nicht perfekt zu machen. Und nichts Überragendes auf Instagram posten zu können, um es mit der Welt zu teilen.
Erlaube dir selbst die Wirklichkeit zu sehen durch die wir alle gerade gehen. Traue dich mit jemandem zu reden – schreibe deine Gefühle auf – habe Angst. Du musst nicht perfekt sein – nicht in normalen Zeiten aber vor allem nicht in diesem Ausnahmezustand.
Suche dir Hilfe bei einem Psychotherapeuten wenn deine negativen Gefühle und Gedanken dich zu sehr übermannen und dich lähmen.
Also: Wenn du das Gefühl hast, alles ist dir zu viel, dann weil es genau das ist!